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Bei hochgradiger Adipositas hilft oft nur das Skalpell. |
In Deutschland ist jeder zweite Erwachsene übergewichtig, jeder vierte adipös. Betroffene leiden sowohl körperlich als auch psychisch unter der chronischen Erkrankung. Durch Adipositas erhöht sich das Risiko, an Herzinsuffizienz, Diabetes oder Krebs zu erkranken, erheblich.
„Für viele Betroffene ist die bariatrische-metabolische Operation wie zum Beispiel der Magenbypass oder der Schlauchmagen die letzte Therapieoption, um dauerhaft Gewicht zu verlieren“, erklärt Prof. Dr. Uwe Hesse, Leiter der Adipositas-Sektion der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie im Klinikum Nürnberg. Die Klinik bietet das gesamte Spektrum der Adipositas-Chirurgie an. Mit über 2.000 Eingriffen zählt Hesse zu den erfahrensten Chirurgen auf diesem Gebiet in Deutschland. Die Abteilung ist als Kompetenzzentrum für Adipositas-Chirurgie zertifiziert.
Gefördertes innovatives Nachsorgeprojekt
„Um den Erfolg einer chirurgischen Behandlung dauerhaft zu sichern, kommt es aber nach einer Operation auf eine engmaschige, lebenslange Nachsorge an“, erläutert Hesse. Zusammen mit sieben weiteren bayerische Adipositas-Zentren nimmt daher die Adipositas-Abteilung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des Klinikums Nürnberg an dem Projekt „ACHT – Adipositas Care & Health Therapy" zur Nachsorge nach einer chirurgischen Adipositas-Behandlung teil. Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), des obersten Beschlussgremiums der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, fördert das ACHT-Projekt nun mit 4,6 Millionen Euro.
Engmaschig und lebenslang
Das Projekt wird von der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke und dem Interdisziplinären Adipositas-Zentrum des Universitätsklinikums Würzburg koordiniert. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit Adipositas-Zentren und niedergelassenen Haus- und Fachärzten eine engmaschige Nachsorge für Patienten nach einer bariatrisch-metabolischen Operation in Bayern zu etablieren. „Es ist dringend notwendig, ein strukturiertes Nachsorgekonzept zu etablieren, das flächendeckend anwendbar ist und die lebenslange notwendige Nachsorge sicherstellt sowie mögliche Langzeitkomplikationen verhindert“ erklärt Prof. Dr. Martin Fassnacht vom Adipositas-Zentrum Würzburg und Leiter von ACHT.
Adipositas-Lotsen
Eine tragende Rolle im Projekt spielen enge Zusammenarbeit der Adipositas-Zentren mit spezifisch geschulten niedergelassenen Ärzten und die Adipositas-Lotsen. Dr. Bettina Zippel-Schultz von der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke: „Die persönliche und individuelle Betreuung durch die Adipositas-Lotsen ermöglicht eine gute Koordination der Nachsorgeprozesse. Die Adipositas-Lotsen werden die Therapietreue der Patienten weiter verbessern und dadurch den Therapieerfolg positiv beeinflussen.“
Das Konzept des Projektes setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen, die ineinander greifen mit dem Ziel, den langfristigen Therapieerfolg zu sichern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dabei geht es um regelmäßige, wohnortnahe Nachsorgeuntersuchungen, Ernährungs- und sportmedizinische Beratung sowie eine psychologische Stabilisierung der Patienten. Die Vernetzung der beteiligten Akteure und das Monitoring des Therapieerfolgs erfolgen durch eine digitale Fallakte. Sie steht für den Patienten als App zur Verfügung.
Mehrere chirurgische Möglichkeiten
Eine OP-Möglichkeit bei hochgradiger Adipositas ist der Schlauchmagen. Dabei werden rund zwei Drittel des Magens chirurgisch abgetrennt, der verbleibende Restmagen entspricht etwa der Größe einer Banane. „Auf diese Weise entsteht schnell ein Sättigungsgefühl. Ansonsten bleiben alle Funktionen des Magens erhalten“, nennt Hesse die Vorteile der Methode.
Alternativ gibt es die Möglichkeit eines Magenbypasses, bei dem der Magen bis auf einen kleinen Teil abgetrennt und direkt mit dem Dünndarm verbunden wird. Andere Verfahren wie Magenband und Magenballon werden heute deutlich seltener angewandt.
Minimal-invasiv für schnellere Genesung
Das Adipostas-Zentrum im Klinikum Nürnberg bietet alle derzeit etablierten Operationstechniken mit Hilfe minimal-invasiver Technik an. Die Patienten profitieren dabei von kleinen Operationsnarben, geringerem Blutverlust und einem reduzierten Wundschmerz. Daher können sie schon nach einem kurzen Klinikaufenthalt wieder nach Hause gehen.
Die Adipositas-Chirurgie bleibt die letzte Therapiemethode, wenn alle anderen Versuche gescheitert sind. „Die Operation ist ein unumkehrbarer Eingriff, den wir nicht leichtfertig vornehmen“, erklärt Hesse. Zuvor müssen die Patienten jedoch nachweisen, dass sie sechs Monate lang ohne Erfolg am multimodalen Konzept aus Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und Verhaltenstherapie teilgenommen haben.
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