Dr. Theo und Friedl Schöller-Preis 2020

Mit dem diesjährigen Schöller-Preis wurden gleich zwei wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet. Dr. phil. Petra Schönemann-Gieck von der Universität Heidelberg ging der Frage nach, wie ein gelungenes Schnittstellenmanagement zwischen Rettungsdienst, Sozialamt und Beratungsstellen unnötige Krankenhauseinweisungen von alten Menschen verhindern hilft. Prof. Dr. med. Katrin Singler und Johanna Masuch vom Klinikum Nürnberg konnten nachweisen, dass Kunsttherapie die Behandlung des Delirs bei älteren Menschen verbessern kann.

Die zwei Forschungsteams teilen sich den diesjährigen Theo und Friedl Schöller-Preis mit dem Schwerpunkt „Versorgungsforschung“. Diese Auszeichnung prämiert innovative und herausragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Altersforschung. Sie ist mit 20.000 Euro eine der am höchsten dotierten Auszeichnungen in der Altersmedizin. 

„Bei beiden vorgelegten Arbeiten handelt es um hochrelevante Versorgungsthemen der Altersmedizin, die sich beide ganz unterschiedlichen Feldern der Versorgungssituation älterer Menschen stellen“, lobt Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Chefarzt der Klinik für Neurologie*, Klinikum Nürnberg und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates des Schöller-Preises.

 

Ambulant vor stationär – Schnittstellen in der Versorgung älterer Menschen optimieren 

Dr. phil. Petra Schönemann-Gieck, Dipl.-Gerontologin am Institut für Gerontologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, führte im „Wiesbadener Netzwerk für geriatrische Rehabilitation – GeReNet. Wi“ die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Multiprofessionelles und intersektorales Schnittstellenmanagement für ältere Notfallpatienten mit sozialen Bedarfen“ durch und evaluierte eine Maßnahme zur Optimierung an der Grenze zwischen häuslicher und Krankenhausversorgung.   

Immer wieder sehen sich Rettungsdienste gezwungen, ältere Menschen, die alleine zu Hause leben, ins Krankenhaus zu bringen, obwohl sie nicht unbedingt eine Krankenhausbehandlung brauchen. „Grund für die Krankenhauseinweisung ist oft nicht die Krankheit, die auch ambulant behandelt werden könnte, sondern die schlechte Versorgungssituation vieler älterer Menschen, die noch in ihrer eigenen Wohnung leben“, beschreibt Schönemann-Gieck die Ausgangssituation ihres Projektes. 

 „Für die Rettungskräfte, die um Hilfe gerufen werden, ist die Situation oft schwierig. Sie wollen die Menschen ja nicht einfach in ihrer Wohnung zurücklassen, wenn diese damit nicht zurechtkommen“, ergänzt Norbert Hagner, Leiter des Sachgebiets Rettungsdienst/Medizinische Gefahrenabwehr bei der Berufsfeuerwehr der Landeshauptstadt Wiesbaden.

In enger Kooperation mit der Berufsfeuerwehr als Träger des Rettungsdienstes und den Beratungsstellen für selbstständiges Leben im Alter in Wiesbaden wurde ein Konzept entwickelt und implementiert, das schon bei der ersten Begegnung mit dem Rettungsdienst die sozialen Bedarfe der betroffenen Menschen erfasst und an die Beratungsstellen bzw. den Krankenhaussozialdienst vermittelt. Ziel des Projektes ist es, die Lebensumstände der betroffenen Menschen zu stabilisieren und Krankenhauseinweisungen aus sozialer Indikation zu senken. 

Nicht-medikamentöse Möglichkeit der Delir-Therapie 

Prof. Dr. med. Katrin Singler, Oberärztin, und Johanna Masuch, Kunsttherapeutin, der Klinik für Innere Medizin 2, Schwerpunkt Geriatrie*, haben in ihrer Forschungsarbeit „Kunsttherapie – eine neue Herangehensweise in der Delir-Therapie alter Menschen?“ nachgewiesen, dass Kunsttherapie bei Delir helfen kann. 

Das Delir ist eine der häufigsten Komplikationen bei älteren Menschen im Krankenhaus und geht mit funktionellen und kognitiven Einschränkungen (Verwirrtheit) sowie einer deutlich erhöhten Sterblichkeit innerhalb eines Jahres einher. 

Singler und Masuch verfolgten ihren innovativen Ansatz der kunsttherapeutischen Intervention bei delirgefährdeten Patienten auf einer akutgeriatrischen Station. Dafür wurde eigens ein kleines „Atelier auf Rädern“ gebaut, mit dem die Kunsttherapeutin die Patienten zwei Mal täglich für jeweils 20 Minuten direkt am Patientenbett besucht. „Die Patienten begegneten uns Kunsttherapeuten überraschend offen und bewerteten die kunsttherapeutische Arbeit im Abschlussgespräch sehr positiv“, berichtet Masuch. 

Zwar konnte dadurch, so das Ergebnis ihrer Studie, die Häufigkeit des Delirs nicht gesenkt werden, wohl aber dessen Dauer. „Da die Dauer des Delirs eng mit der 1-Jahres-Mortalität der betroffenen Patienten assoziiert ist, ergeben sich durch eine strukturierte kunsttherapeutische Intervention neue nicht-medikamentöse Möglichkeiten in der Delir-Therapie älterer Patienten“, betont Singler. 

*Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität

Foto: Dr. phil. Petra Schönemann-Gieck, Norbert Hagner, Katharina Oßendoth (Sachgebietsleitung der Beratungsstellen für selbstständiges Leben im Alter Wiesbaden), Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Johanna Masuch, Prof. Dr. med. Katrin Singler (v.l.)

Bildnachweis: Uwe Niklas, Klinikum Nürnberg

Kommentare