Endometriose kann das ganze Leben einer Frau beeinträchtigen. Bis zur Diagnose ist es oft ein langer Weg. Frank E.-M. Gisbert ist Oberarzt an der Klinik für Frauenheilkunde, Schwerpunkt Gynäkologie und Leiter des Endometriose-Zentrums am Klinikum Nürnberg. Im Interview erklärt er die Hintergründe dieses Frauenleidens und was man dagegen tun kann.
Oberarzt Frank E.-M. Gisbert ist Experte für Endometriose. (Foto: Rudi Ott) |
Herr Gisbert, Sie sind Leiter des Endometriose-Zentrums der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Nürnberg. Was ist denn eigentlich Endometriose?
Frank E.-M. Gisbert: Bei Endometriose handelt es um eine chronische, dennoch gutartige Erkrankung. Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnlich ist, tritt im Bauchraum der Frau auf und siedelt sich dort an unterschiedlichen Stellen an. Davon betroffen sein können Eierstöcke, Eileiter, Blase, Darm oder auch das Bauchfell. Größtenteils werden diese Endometrioseherde von den Hormonen des Monatszyklus beeinflusst: Sie werden auf- und abgebaut und bluten zyklisch. Die Folge davon sind schmerzhafte Entzündungsreaktionen, die Bildung von Zysten und die Entstehung von Vernarbungen und Verwachsungen.
Wie viele Frauen sind davon ungefähr betroffen?
Frank E.-M. Gisbert: Etwa zehn Prozent aller Frauen, das sind rund 30.000, haben eine Endometriose. Leider dauert es aber oft noch immer Jahre, bis sie diagnostiziert wird, weil weiterhin viele Menschen denken, Schmerzen bei der Menstruation seien normal. Mir ist aber wichtig zu betonen, dass es nicht normal ist, übermäßige Schmerzen zu haben.
Und woher kommt eine solche Erkrankung?
Frank E.-M. Gisbert: Das wissen wir leider noch nicht mit Sicherheit. Es gibt verschiedene Theorien, wie zum Beispiel die, dass sich bei der Periode auch Blut in den Bauchraum verirrt und sich dort Schleimhautgewebe ansiedelt, das dann jeden Monat mitblutet.
Sie hatten vorhin gesagt, dass übermäßige Schmerzen ein Hinweis auf eine Endometriose sein können. Sind das die einzigen möglichen Symptome?
Frank E.-M. Gisbert: Endometriose ist als Krankheitsbild sehr komplex. Der Krankheitsverlauf ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Dementsprechend können auch Symptome und Folgen ganz unterschiedlich in ihren jeweiligen Merkmalen und Intensitäten ausgeprägt sein: Hinweise können zum Beispiel auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, bei einer gynäkologischen Untersuchung oder plötzliche Ohnmachtsanfälle in Zusammenhang mit Schmerzen oder Blasen- oder Darmblutungen während der Menstruation.
Manche Frauen sind aber trotz Endometriose beschwerdefrei. Doch auch das kann trotzdem die Lebensqualität einschränken: Endometriose verhindert nämlich oftmals, dass ein langgehegter Kinderwunsch in Erfüllung gehen kann.
Wenn eine Frau den Verdacht hat, sie könnte unter Endometriose leiden, was ist dann ihr nächster Schritt?
Frank E.-M. Gisbert: Wenn eine Frau während ihrer Periode regelmäßig Schmerztabletten braucht, sollte sie das Gespräch mit ihrem Frauenarzt suchen. Andernfalls kann sie sich zur Abklärung aber auch an ein spezialisiertes Endometriose-Zentrum wenden. In Endometriose-Zentren wie Klinikum Nürnberg sind wir auf Endometriose spezialisiert und arbeiten eng mit Kollegen anderer Fachrichtungen zusammen.
Und wie geht es dann für die Patientin weiter?
Frank E.-M. Gisbert: Das hängt ganz davon ab, welches Ziel die Patientin sich von der Behandlung erhofft. Jede Frau ist anders! Steht die Erreichung von Schmerzfreiheit im Vordergrund oder aber die Erfüllung eines Kinderwunsches? Um eine Diagnose zu stellen, sprechen wir ausführlich mit den Patientinnen und führen gynäkologische Untersuchungen durch. Je nach Symptomen nutzen wir auch spezielle Bildgebung oder ziehen andere Fachrichtungen hinzu.
Wenn sich der Verdacht auf eine Endometriose erhärtet, sichern wir diese oft mit einer Bauchspiegelung ab. Das ist leitliniengemäß über die minimalinvasive Operation möglich. Wir entnehmen Gewebeproben und entfernen die Endometrioseherde. Zur langfristigen Behandlung von Schmerzen setzen wir auch Hormone, wie zum Beispiel die Pille, ein.
Wie stark beeinträchtigt sind die Frauen danach?
Frank E.-M. Gisbert: Bei vielen Patientinnen hilft eine solche Behandlung, um schmerzfrei zu werden, oder für eine Schwangerschaft. Aber die Endomentrioseherde können wiederkommen, weshalb regelmäßige Untersuchungen, Einnahme von Hormonen oder Behandlungen nötig sind.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Ärztliche Leitung: Univ.-Prof. Dr. Cosima Brucker
Pflegerische Leitung: Andrea Nätscher
Leitung des Endometriose-Zentrums:
Oberarzt Frank E.-M. Gisbert
Kontakt:
Endometriosesprechstunde im Ambulanten BehandlungsCentrum (ABC)
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Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
90419 Nürnberg
Haus 19, Eingang 5
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